Von Kunden und Kundinnen

Studien

Titel: Does the Use of Gender-Fair Language Influence the Comprehensibility of Texts?
Autor:innen: Friedrich, M. C. G., & Heise, E.
Jahr: 2019
Erschienen in: Swiss Journal of Psychology, 78 (1-2)
doi: 10.1024/1421-0185/a000223
Untersuchte Stile: GM; Beidnennung
Kurzzusammenfassung: Gendersensible Formulierungen verschlechtern die Verständlichkeit von Texten nicht.

Friedrich & Heise möchten herausfinden, ob Texte, welche gendersensibel mit Beidnennungsstil (z.B. Kundinnen und Kunden) geschrieben sind, schlechter verständlich sind als solche Texte, die das generische Maskulinum (z.B. Kunden) nutzen.

Das Ziel: Anhand etablierter Methoden herausfinden, ob Texte mit Beidnennung schlechter verständlich sind als solche mit GM.

Friedrich & Heise zählen eine Vielzahl vorheriger Studien auf:

  1. Die wahrgenommene Verständlichkeit und die empfundene stilistische Qualität eines Textes können je nach Art der gendersensiblen Formulierungen abnehmen (Frank-Cyrus & Dietrich, 1997). [subjektive Daten]
  2. Es gibt bzgl. der Erinnerungsleistung keinen Unterschied zwischen Texten im GM, mit Beidnennung/Neutralisierung, und Binnen-I (Braun et al., 2007). [objektive Daten]
  3. Die Lesbarkeit von Texten mit Schrägstrichschreibung ist schlechter als die von Texten im GM oder mit Neutralisierung (Pöschko & Prieler, 2018). [subjektive Daten]
  4. Die Ästhetik von GM-Texten ist höher als die von Texten mit Schrägstrichschreibung (Klimmt et al., 2008). [subjektive Daten]
  5. Die Lesbarkeit von GM-Texten ist nicht höher als die von Texten mit Schrägstrichschreibung (Klimmt et al., 2008). [subjektive Daten]
  6. Texte mit Beidnennung/Neutralisierung oder Binnen-I sind nicht weniger lesbar als Texte im GM (Blake & Klimmt, 2010). [subjektive Daten]
  7. Die Ästhetik von GM-Texten ist nicht höher als die von Texten mit Beidnennung/Neutralisierung (Blake & Klimmt, 2010). [subjektive Daten]
  8. Simplizität, Präzision und Emotionalität von GM-Texten ist nicht höher als die von Texten in verschiedenen gendersensiblen Schreibstilen (Rothmund & Christmann, 2002). [objektive Daten]
  9. Die Lesegeschwindigkeit zwischen GM-Texten und gendersensibel formulierten Texten unterscheidet sich nicht (Gygax & Gesto, 2007). [objektive Daten]
  10. Simplizität und Präzision von GM-Texten ist nicht höher als die von Texten in verschiedenen gendersensiblen Schreibstilen (Steiger-Loerbroks & Stockhausen, 2014). [objektive Daten]

Fragestellung:
Beeinflusst die Formulierung eines Textes im Beidnennungsstil dessen Verständlichkeit?

Hypothesen:

  1. Gendersensible Sprache verschlechtert die subjektive Verständlichkeit eines Textes.
  2. Gendersensible Sprache vermindert die Einfachheit mit welcher Wörter eines Textes verstanden werden.
  3. Gendersensible Sprache vermindert die Einfachheit mit welcher die Sätze eines Textes verstanden werden.
  4. Gendersensible Sprache reduziert die Ästhetik eines Textes.

Stichprobe:
355 Personen, 288 weiblich; Alter 18-55 (M=22.95; SD=2.23) Jahre; Studierende der Sozial- oder Erziehungswissenschaften

Material:
Fiktiver Stromvertrag:
a) GM-Version (z.B. Kontoinhaber)
b) Beidnennung (z.B. Kontoinhaber und Kontoinhaberin)

Design:
2 x 2 between-subjects Design

Erhobene Variablen:
Mithilfe des comprehensibility questionnaire (Friedrich, 2017) werden folgende Variablen anhand einer 5-Punkte-Skala erhoben:

  1. Verständlichkeit (Bsp.: Ich fand den Text verständlich)
  2. Wortschwierigkeit (Bsp.: Bei manchen Wörtern war ich mir nicht sicher, was sie bedeuten)
  3. Satzschwierigkeit (Bsp.: Die Sätze waren kompliziert gebaut)
  4. Ästhetik (Bsp.: Ich fand die Sprache lebhaft)

Verständlichkeit:
Gendersensible Sprache verschlechtert die subjektive Verständlichkeit eines Textes nicht.

Wortschwierigkeit:
Gendersensible Sprache vermindert die Einfachheit mit welcher Wörter eines Textes verstanden werden nicht.

Satzschwierigkeit:
Gendersensible Sprache vermindert die Einfachheit mit welcher die Sätze eines Textes verstanden werden nicht.

Ästhetik:
Gendersensible Sprache reduziert die Ästhetik eines Textes nicht.

Beeinflusst die Formulierung eines Textes im Beidnennungsstil dessen Verständlichkeit?

Nein. Ebenso werden Wortschwierigkeit und Satzschwierigkeit nicht höher, und die Ästhetik nimmt nicht ab.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind eindeutig. Dennoch sollten künftige Untersuchungen a) andere Formen gendersensibler Formulierungen einschließen, b) eine größere Variabilität von Proband:inne nutzen, c) andere Textarten nutzen.

Abschließend kann festgehalten werden (Friedrich & Heise, 2019:58):
„The present study’s results are consistent with the results of prior studies. Altogether, the current state of research indicates no practically relevant influence of gender-fair pair-forms on comprehensibility […].“